Heute ist es soweit, wir werden nach zwei Jahren Abstinenz wieder in Merzouga aufschlagen. Alle wollen endlich in den großen Sandkasten eintauchen. Manch einer taucht vielleicht auch zu tief ein, aber wir wollen ja nichts vorwegnehmen. Zuvor müssen wir noch gut 100 Kilometer auf Asphalt zurücklegen. Los geht’s mit unserer Erg Chebbi Tour, ein Mal mit und ein Mal ohne 4×4.
Auf gehts zum richtigen Sand
Nach einem ausgiebigen Frühstück starten wir die Motoren. Unser letzter Schlafplatz bot bereits einen kleinen sandigen Vorgeschmack. Aber weder für uns, noch für die Variomannschaft, war diese überzuckerte Piste eine Herausforderung.
So erreichten wir nach kurzem Geholper wieder die Straße. Wie in den Tagen davor gab es kaum Verkehr und so verging die Fahrt wie im Fluge. Das Einzige was uns etwas ausbremste, waren die teils abenteuerlichen Schlaglöcher, Abbruchkanten und Straßenverläufe.
Ich hätte da ein bisschen Müll
Entweder haben wir eine falsche Erinnerung, oder es gibt wirklich weniger Mülleimer am Straßenrand. Egal wie man es wendet, wir müssen langsam einen Mülleimer finden. Nachdem Ziva, die süße Hundedame aus dem Vario, zur Staubsaugerei tendiert, landet auch der Gute Biomüll im sonst nur für Restabfälle bereitstehendem Behältnis. Wir haben in der Duschwanne bereits zwei gefüllte Müllsäcke liegen und auch der Dritte kündigt bereits eine leichte Überfüllung an. Von der Toilette will ich gar nicht erst reden. Aber selbst schuld, in Marrakesch hätten wir ja die Gelegenheit gehabt. Aber in Rissani finden wir dann auch die ersehnte Rundablage. Ging ja gerade nochmal gut, so kurz vor dem Sandkasten.
Fazit: Müll leeren, wenn ein Abfalleimer verfügbar ist.
Da vorne sind die Sandhügel und Hunger haben wir auch
Nach Rissani geht es auf der RN17A weiter in Richtung Merzouga. Ab hier brauchen wir eigentlich kein Navi mehr. Zum einen erinnern wir uns noch lebhaft an unseren letzten Besuch, zum anderen kann man dank der Dünen am Horizont den Sandkasten gar nicht mehr verfehlen.
Und doch hat sich in den letzten zwei Jahren einiges verändert. Neue Gebäude säumen bereits vor dem Ortsschild den Weg und so manche Baustelle lässt das ein oder andere neue Hotel bzw. Auberge vermuten. Unser Ziel steht jetzt schon fest. Wir möchten mittags gemütlich Essen und anschließend ein bisschen am Sand fühlen. Nachdem wir keine Foodblogger sind, ersparen wir euch hier das gefühlt dreihundertsiebenundfünfzigste Tajinebild. Bei mir gab es eh nur Hühnchen am Spieß. :-D.
“Das Tajinebild erspare ich euch nicht. Um ein Bild von meinem leckeren Berber-Omelette kommt ihr nicht drumrum. Denn was wäre ein Land ohne seine kulinarischen Köstlichkeiten?”, sagt Robby.
Gewürze, Campingplatz, 4×4-Touren, …
Nach einem ausgiebigen Mahl ist der Gewürzladen das nächste Ziel. Robby will unbedingt Ras el-Hanout kaufen, was sie auch bekommt.
Tipp: Diese leckere Gewürzmischung solltet ihr auf jeden Fall mal probieren. Sie bringt nordafrikanischen Flair auf den Teller.
Auf dem Weg zurück ergeben sich weitere Gespräche mit dem ein oder anderen Händler, Ladenbesitzer, Kameltourvermieter, 4X4 Offroad-Tour-Anbieter, Fossilienverkäufer und Campingplatzbesitzer. Hier ist es sehr touristisch, was wir sofort merken.
Aber das gehört zu einem Besuch in Marokko einfach mit dazu.
Und trotzdem wurden wir gefühlt deutlich seltener angesprochen, als noch vor zwei Jahren. Vielleicht sieht man uns bereits an, dass wir schon die ein oder andere Erfahrung sammeln konnten. Es könnte aber auch daran liegen, dass der Vario von Tanja und Andre “hilfsbedürftiger” aussieht als unsere alte, gelbe Kiste. 🙂
Sandförmchen gefällig?
“Na dann wollen wir mal”, so klang es über Funk von der Variocrew, bevor sie überraschend links abbog.
Ein kleines Stück außerhalb von Merzouga bietet sich die Gelegenheit, um die ersten Schritte im Sand zu wagen.
Die Erkenntnis, dass ein Vario mit vollem Reifendruck nicht zur Fahrt im Weichsand taugt, wird schnell für alle ersichtlich. Noch ehe wir uns versehen, steht das weiße Wohnmobil und die Crew steigt aus.
Ich lasse Andre erst mal in Ruhe seine Schaufel auspacken, schnappe mir Emily und suche die Dünen nach einem Stellplatz ab, was sich allerdings nicht als wirklich erfolgreich rausstellte.
Als ich zurückkehre, kommt bereits der erste Einheimische mit seinem Moped angefahren und bietet seine Hilfe an. Ich erkläre, dass wir hier alles im Griff haben und es sich um ein Buddeltraining im Sand handelt.
Irgendwie schon gemein, Robby und Tanja sichern sich die besten Plätze, filmen und machen Fotos. Ich unterhalte mich mit dem Local über die beste Möglichkeit unseren “Dicken” zu positionieren.
Andre schaufelt und legt die Sandboards unter die Reifen. Zumindest ein Mal wollen wir versuchen, ob er sich ohne zusätzlich Hilfe aus der sandigen Lage befreien kann.
Doch schnell wird klar, das klappt leider nicht.
Die Luft ist nur aus den Reifen raus
Andre buddelt erneut seine Reifen frei. Meine Wenigkeit besorgt das Bergeseil und lässt schon mal ordentlich Luft aus den Reifen. Es soll ja gleich mit Bravour und beim ersten Mal klappen. Wäre ja schon peinlich, wenn wir uns jetzt selbst eingraben würden.
Erst einen auf “Yellow Truck Tours” Reiseleitung machen, die Backen ganz dick aufblasen und dann festfahren. Ne, das möchte ich uns ersparen. 😀
Ich würde jetzt gerne was total Spektakuläres erzählen, von großen Problemen und Momenten der Verzweiflung, aber daraus wird nix.
Wir haben das Bergeseil am Vario befestigt und ihn einfach ohne Mühe rausgezogen. Fühlte sich an, als würde wieder der Corsa vom letzten Stausee dranhängen. Ich bin selbst total überrascht, wie einfach das ging. Immerhin bringt das Wohnmobil von Tanja und Andre auch 7,5 Tonnen auf die Waage. Aber gut, dass wir es getestet haben. Damit steht dem nächsten Abenteuer nichts mehr im Weg.
Nur kurz hinter die Dünen
Zwischen den Dünen ist leider kein passendes Plätzchen zu finden. Aber unsere Mitfahrer haben bereits ein neues Ziel auf der Liste, welches ihnen zugespielt wurde. Offensichtlich sollen diesen Weg bereits andere 2×4 Fahrzeuge bewältigt haben. Also verlassen wir Merzouga und steuern den besagten Platz an.
Natürlich ist dieser nur über Pisten zu erreichen. Wir lassen die beiden machen und klemmen uns einfach gemütlich hinten dran.
Hinter den Dünen meinte allerdings 20 Kilometer hinter den Dünen auf der Rückseite von Erg Chebbi. Die Zeit gibt es aber her, wir haben schließlich noch gut eine Stunde bis Sonnenuntergang.
Es geht über staubige Pisten, vorbei an verlassenen Häusern, die sich als doch nicht verlassen herausstellten. Und das war es wieder, ein Weichsandfeld. Um uns nicht sinnlos zu verharzen, stieg Andre bei mir ein und wir erkundeten die nähere Umgebung.
Es fand sich eine passende Piste, die trotz Sand machbar schien.
Die erste Nacht im Sand
Passend zum Sonnenuntergang erreichen wir die Ostseite von Erg Chebbi. Wir nisten uns in gutem Abstand zu einem der Dünencamps ein. Soll ja auch nur für eine Nacht sein. Gestört haben wir offensichtlich niemanden, nachdem sie uns mit einem freundlichen “Salam” begrüßten und nicht weiter beachteten. Es waren noch einige Leute hier unterwegs und alle schienen auf den Sonnenuntergang zu warten.
Wir spazierten noch kurz über die Dünen, fühlten den mittlerweile kalten Sand zwischen den Füßen und setzten uns noch gemütlich mit einer Dose Bier in den Sand. Tja, und dann kam Luna über den Horizont gekrochen. Ich kann mich nicht erinnern, den Mond jemals so groß gesehen zu haben.
Ich trommel dir mal eine
Die Dünencamps schienen gut besucht. Kurz nach Sonnenuntergang ging die Party los. Die Zelte waren beleuchtet und in ihrem inneren gab es Musik, Trommeln und Gesang. Offensichtlich kann man sich dort nach einer Kameltour einmieten und eine Nacht in der Wüste verbringen. Unseren Schlaf haben wir dennoch bekommen. Gegen 23 Uhr war alles still und nur noch der Vollmond erhellte die Wüste.
Ungeplante Erg Chebbi Tour
Das man so einfach und spontan zu einer Erg-Chebbi-Umrundung kommt, hätte von uns niemand gedacht. Die Lebensmittelkiste ist zwar nicht bis zum Rand gefüllt, aber es wird über Weihnachten niemand verhungern oder verdursten. Das Weihnachtsessen in Form von Pizza stand vorher schon fest und die benötigten Zutaten wurde bereits rechtzeitig in den Laderäumen der Reiseleitung verstaut. Jetzt fehlt nur noch der passende Platz zwischen den Dünen.
So machen wir uns nach einer erholsamen Nacht auf zur spontanen Erg Chebbi Umrundung. Die Piste wechselt zwischen kleinen Weichsandpassagen, Welchblech- und Steinpisten. Der Vario macht dank abgesenktem Luftdruck eine sehr gute Figur. Nur das Waschbrett scheint nicht besonders viel Spaß zu machen, aber das macht in keinem Fahrzeug Laune.
Ein kleiner Dünenhopser
Nach knapp zwei Stunden und ein paar Umwegen finden wir wieder eine Piste, die zu den Dünen führt.
Auch hier gibt es Luxuscamps, die sich rund um die Dünen verteilen. Wir schlängeln uns gezielt zwischen Weichsandfeldern durch und erkunden die Umgebung. Jetzt will es die Vario-Crew noch einmal wissen und steuert auf eine kleine Mini-Düne zu. Ohne große Schwierigkeiten zieht das weiße Wohnmobil durch den weichen Sand und kommt auf der anderen Seite zum Stehen.
Ich glaube, ab diesem Moment war das Eis gebrochen. Der Respekt vor zu weichem Sand weicht und Andre hopst noch in der anderen Richtung durch das Sandfeld. Respekt, das Ding kann wirklich was.
Auch Fanti ist unheimlich stolz auf seinen kleinen Bruder und so gondeln sie hintereinander weg noch ein paar Dünen weiter.
Zwischen den etwas höheren Kandidaten werden wir fündig.
Weihnachten in der Wüste
Genau hier werden wir unser Quartier für die nächsten Tage einrichten.
An den Abenden kommen meist Kameltouren an uns vorbei, welche wie schon beim Schlafplatz vorher, Übernachtungsgäste in die Camps bringen. Wir stehen allerdings so weit weg, dass sich auch hier niemand für uns interessiert.
Wir erleben irre Sonnenaufgänge und tolle Sonnenuntergänge. Es gibt Pizza in der Wüste und Dünenspaziergänge.
Ende Gelände
Auch die schönste Zeit geht zu Ende und so beenden wir unsere kleine Rundfahrt um Erg Chebbi. Wir machen uns auf die Socken und fahren die letzten 20 Kilometer Piste, bis wir wieder auf Asphalt stoßen. Damit es aber nicht zu langweilig wird, nehmen wir eine Abkürzung und landen in einem offensichtlich von Polizei und Militär gesperrtem Gelände. Mit freundlicher Miene und Eskorte werden wir wieder auf die reguläre Piste begleitet.
Wiedersehen in der Auberge Liberte
Jetzt sind es noch 25 Kilometer bis nach Merzouga. Bevor unsere nächste Tour startet, müssen wir dringend Lebensmittel besorgen und unseren Camper versorgen. Wo es hingehen soll, wissen wir schon. Wir fahren zur Auberge Liberte. Diese liegt am Rand von Merzouga. Die Begrüßung ist herzlich. Er kann sich wirklich noch an uns und unseren gelben Fanti erinnern.
Zur Begrüßung gibt es Tee und gesalzene Nüsse. Ich für meinen Teil gönne mir jetzt erstmal eine Dusche. So staubig möchte ich nicht zum gemeinsamen Abendessen gehen. Für euch haben wir noch ein paar Impressionen von unserem aktuellen Standort, bevor es dann weiter geht.
Was wie wo, das erfahrt ihr im nächsten Reisebericht.