Unser Weg führt uns heute von Sidi Ifni aus entlang der Küstenstraße in Richtung Norden. Lustigerweise sind wir wieder auf der R104 unterwegs, diesmal aber direkt am Meer. Als Nächstes steht der Felsbogen von Legzira auf dem Programm. Auch ein einsamer Stellplatz am Strand mit Sand, direktem Zugang zum Meer und ganz viel Einsamkeit wäre eine schöne Abwechslung. Aber immer wieder wurde uns erzählt, dass es so einen Platz in Marokko nicht gibt. Na das wollen wir doch mal sehen. Zuvor gibt es aber noch eine Dosis Fisch in Sidi Ifni.
Autowäsche, Orangensaft und Nudelwasser im Tank
Nach unserem leckeren Fischmahl vom Grill geht es raus aus der Stadt, zumindest so halbwegs. Da unsere Wasservorräte im Tank langsam eine kritische Marke erreichen, wollen wir uns auf jeden Fall noch mit Wasser versorgen. So finden wir uns nach ein paar Minuten Fahrzeit an einer Tankstelle am Ortsausgang wieder. Etwas Diesel bzw. Sprit passt immer in die Tanks und so können wir, ohne zusätzliche Kosten, den Wasserhahn benutzen. Während Debbi schon am Füllen ist, erfahren wir beiläufig, dass es sich nicht um Trinkwasser handelt. Eine Geschmacksprobe bestätigt dies durch eine leicht nach Natriumchlorid schmeckende Nuance. Aber zum Duschen und Abwaschen geht es auf jeden Fall und das Nudelwasser muss ab sofort nicht mehr gesalzen werden.
Über Wasserdruck in Marokko muss ich nicht mehr viel schreiben. Bis sich unser rollendes Zuhause seine 150 Liter einverleibt hat, kann schon mal eine halbe Stunde vorbei sein. Warum also nicht währenddessen die dicke Sandschicht vom Bremer waschen lassen? Wir genießen in dieser Zeit noch zusätzlich einen frisch gepressten Orangensaft im Tankstellenrestaurant. Unseren Fanti waschen wir im Landesinneren. Sand sieht man auf unserer Lackierung eh nicht und Salz wird auch die nächsten Tage, nicht nur im Wassertank, unser Begleiter sein.
Zum Felsbogen von Legzira
Zwischen der Tankstelle und dem Felsbogen von Legzira liegen nur etwa acht Kilometer. Es bleibt also noch genügend Zeit sich rund um die Sehenswürdigkeit einen passenden Platz zu suchen. Direkt am Bogen befindet sich bereits eine Wohnmobilsiedlung, die wir von der Straße aus erkennen können. Nein, da stellen wir uns nicht dazu. Es gibt bestimmt auch auf den anderen Klippen noch einen Zugang und etwas mehr Ruhe für Mensch und Hunde. Eine Klippe weiter gibt es bereits die nächste Stellplatzmöglichkeit, welche uns aufgrund der nicht ausgleichbaren, schiefen Bodenbeschaffenheit zum Umkehren bewegt. Hier würden das Bett zur Rutschbahn und die Dusche zum Rückhaltebecken werden. Geplagt von diesen Luxusproblemen fahren wir auf Klippe Drei.
Dort finden wir genügend Platz, einen traumhaften Blick auf den Felsbogen, aber keinen direkten Weg zum Strand. Aber irgendwas ist ja bekanntlich immer. Egal, wir finden schon einen Weg nach unten. Später stoßen noch Jürgen und Yasha zu uns, womit unsere Truppe wieder komplett wäre. Wenig später treffen noch Gitti und Günther ein, die uns an diesem Stellplatz entdeckt haben. Die Beiden sind ebenfalls mit einem Vario unterwegs und unsere Wege haben sich in Marokko schon mehrere Male gekreuzt.
„Zieht euch vernünftige Schuhe an.”
So waren die Worte von Robby, als wir unser Basiscamp auf der Klippe verlassen. Ein Marokkaner erzählte uns von einem Weg, der zum Strand führen soll. Zwei Klippen weiter soll es nach unten gehen. Robby wusste scheinbar von vornherein, dass es nicht so einfach werden wird, den Boden der Tatsachen, oder in unserem Fall, den Strand am Meer zu erreichen.
Man könnte ihre Worte auch anders interpretieren: „Das wird Scheiße, geht mal ohne mich”.
So folgten also drei Hunde, zwei Menschen und eine Kamera einem Pfad ins Ungewisse. Vierrad- bzw. Vierpfotenantrieb ist auf jeden Fall nicht verkehrt. Zumindest kommen unsere Hunde auch ohne “vernünftige Schuhe” sehr schnell unten an. Ich komme auch unten an, allerdings anders als vermutet. Genau am letzten Absatz rutsche ich weg, lande zwischen zwei Felsbrocken und mir bleibt die Luft weg.
Statusmeldung:
- Ich bekomme wieder Luft.
- Keine offenen Wunden.
- Die Kamera ist intakt.
- Meine Rippen fühlen sich an wie nach dem Sturz vom Rad. Nur an der rechten Seite.
Nach einem kurzen Schreck geht es weiter auf dem Pfad des Todes. Unten sind wir aber noch lange nicht. Der Pfad endet an einem Abhang, der klettersteigartig an der Wand entlang führt.
Auch hier zeigen die Hunde alle Qualitäten ihrer 4-pfotigen Fortbewegungsmöglichkeit und erblicken mit freudigem Schwanzwedeln den ersehnten Sandstrand. Während wir die letzten Meter zurücklegen und am Boden ankommen, toben unsere Hunde bereits ausgelassen.
Die Fischer und der richtige Weg
Als wir unten ankommen, werden wir mit einer tollen Aussicht belohnt, allerdings ohne die ersehnten Bögen. Eine Felswand versperrt uns die Sicht und die Flut den Durchgang. Aber vielleicht müssen wir einfach ein bisschen am Strand entlanglaufen, um die Perspektive zu ändern.
Dort sitzen drei Fischer mit Hund, die gerade ein Netz reparieren. Emily legt mit deren Vierbeiner eine kleine Spielrunde ein, bevor wir ihr erklären, dass sie sich so langsam verabschieden soll.
Je weiter wir uns vom Abstiegspunkt entfernen, umso besser wird der Blick. Langsam aber beständig tauchen die Objekte der Begierde hinter der Felswand auf. Der große Bogen und weitere kleinere liegen in einem Dunst aus feinem Wassernebel und bieten sich für ein paar Fotos an. Durchlaufen können wir aber leider nicht.
Allmählich sollten wir uns aber Gedanken über den Rückweg machen. Den gleichen Weg möchten wir nicht mehr zurücklaufen und so beschließen wir, dass wir uns bei den Fischern nach der besten Aufstiegsmöglichkeit erkundigen. Sie erklären bzw. zeigen uns einen in den Fels gearbeiteten Weg mit Trittstufen, der lt. ihrer Aussage, auch für ihre Frauen machbar sei. Ok, das klingt schon mal gut, auch wenn die steile Felswand nicht wirklich prickelnd aussieht. Die Einladung zum Tee müssen wir aber leider aufgrund der schon bald untergehenden Sonne ablehnen. Wir machen uns also auf den Weg nach oben.
Der Aufstieg ist auf jeden Fall deutlich einfacher zu bewältigen als der Abstieg, zumindest wenn man einigermaßen schwindelfrei ist. Am Ende kommen wir wohlbehalten oben an, und wissen jetzt, wie marokkanische Wegbeschreibungen zu verstehen sind.
Wir stehen auf Klippe Zwei und unsere Wohnmobile auf Klippe Eins. Also genau zwei Klippen weiter, wenn man auch die mitzählt, auf der wir stehen. 😀
Mit geprelltem Rippenbogen weg von den Felsbögen
Am nächsten Morgen macht sich meine Rippe deutlich bemerkbar. Trotzdem wollen wir heute ein Stückchen weiter fahren. Wir hoffen auf einen Strandabschnitt, der ohne Bergschuhe und Kletterausrüstung zu erreichen ist. So setzen wir uns gemeinsam mit Debbi in Bewegung. Unsere anderen Mitbögencamper reisen in die entgegengesetzte Richtung.
Wir füllen in Mirleft unsere Vorräte auf, doch das gekaufte Berberbrot fällt dann leider unserer Emily zum Opfer, die scheinbar nicht nur unseren Gemüsekorb, sondern auch die Brottüte als Selbstbedienungsrestaurant für sich entdeckt hat. Seit sie etwas älter geworden ist, hat sie ganz seltsame Anwandlungen bekommen.
Debbi und Robby haben auf Maps zwei vielversprechende Plätze gefunden. Zunächst steuern wir den ersten Platz an, der aber an der Einfahrt mit einem recht offiziell wirkenden Camping-Verboten-Schild markiert ist. In der Ferne erkennt man, dass dieses Schild scheinbar niemanden zu jucken scheint. Mindestens fünf Fahrzeuge haben sich an dieser Stelle bereits eingenistet. Für uns und unseren Plan zu viel, deshalb fahren wir zur nächsten Einfahrt, die zum zweiten Platz führen soll. Hier gibt es kein Verbotsschild dafür einen recht schräg und immer steiniger werdenden Weg.
Wir beschließen, erst einmal nur mit Fanti zu fahren, und geben Debbi anschließend Bescheid, ob es auch mit dem Bremer machbar ist. “Da kann man(n) ja anschließen einfach über den Hügel laufen und sie herlotsen”. So tasten wir uns langsam über große Steine und tiefe Fahrrinnen, bis wir das Meer sehen können. Ab hier geht es über eine sandige Piste direkt an einen Platz, welcher sich vortrefflich als Stellplatz eignet. Hier bleiben wir, jetzt muss nur noch der Bremer den Weg meistern.
„Geh doch mal Debbi holen”
Aufgrund einer sehr steilen Abfahrt und ziemlich fiesen Steinen beschließen wir, also Robby, dass ich vielleicht bei der Überfahrt ein Auge auf den Bremer haben sollte. Ich latsche den Hügel nach oben und stelle fest, dass manche Wege in der Vorstellung kürzer erscheinen, als sie am Ende tatsächlich sind. Vor allem, wenn dir jemand anders diese Vorstellung einpflanzt.
Bin ich froh, dass ich diesen Marsch nur ein mal machen muss.
Als ich schweißgebadet auf dem Hügel, den man(n) ja problemlos laufen kann, ankomme, ist der Bremer nicht mehr zu sehen. Schnell war klar, dass irgendein Kommunikationsweg nicht planmäßig funktioniert hat.
Bin ich froh, dass ich diesen Marsch zweimal machen darf, schadet mir nach den vielen Patisseriebesuchen zumindest nicht.
Als ich den Hügel, der sich mittlerweile zu einem Hochgebirgszug entwickelt hat, überquere, sehe ich, dass wir wieder vollzählig sind. Allerdings steckt “Debbi’s Bus”, wenn auch gut geparkt, im Sand fest. Darum kümmern wir uns aber erst wenn wir dieses hübsche Fleckchen Erde wieder verlassen. Vorher gibt es noch etwas anderes zu tun.
Strandcamping, Medikamentenlieferung und ein Hauch von Bergeaction
Wir haben ein wunderschönes Plätzchen zwischen Sanddünen entdeckt. Außer ein paar Ziegen mit zugehörigem Hirten, der aber auch nur einmal am Tag vorbeikommt, stehen wir komplett einsam.
Am nächsten Tag besuchen uns noch Sabine und Detlef. Mit ihrem 4×4 Sprinter meistern die Beiden die Anfahrt ohne Probleme. Sie bringen uns Medikamente für Emily mit.
Eigentlich wollten wir nur drei Monate in Marokko bleiben. Gerade ist es aber viel zu schön, um das Land wieder zu verlassen. Es gab im Vorfeld aber einiges zu erledigen. Diese Medikamentenlieferung ist das letzte Puzzleteil zur Verlängerung unseres Marokkoaufenthalts, zumindest was unsere eigene Versorgung angeht. Jetzt muss nur noch die eigentliche Visaverlängerung klappen.
Ein großes Dankeschön geht an Tanja und Andre für die Tabletten, die sie freundlicherweise Sabine und Detlef mitgegeben haben. Die waren dann so lieb und haben sie uns gebracht. Ohne euch hätte das alles nicht geklappt.
Wir verbringen auch den nächsten Tag noch mit heiteren Gesprächen in toller Gesellschaft, bevor es für uns wieder zurück nach Tafraout geht.
Dort möchten wir den letzten Papierkram erledigen, und das Mandelfest wartet auch noch auf uns.
Auf dem Weg machen wir einen kurzen Abstecher nach Tiznit, wo wir die tollste Patisserie in ganz Marokko entdeckt haben. Eine kleine Auswahl hat es dann noch auf’s Foto geschafft.
Mandelfest und Visaverlängerung in Tafraout
Heute geht es für uns noch auf das Mandelfest. Egal wo in Tafraout, seit Wochen ist dieses Ereignis das Gesprächsthema Nummer eins. Wir treffen auch Yasha und Jürgen von Dare2go wieder, da auch sie sich dieses Fest nicht entgehen lassen möchten. Außerdem werden wir durch Zufall von Doreen und Sven vom kasteninblau entdeckt, die allerdings mit Besuch unterwegs sind und nicht unbedingt auf das Fest müssen.
So gehen wir ein letztes Mal gemeinsam in der alten Truppe durch Tafraout. Die ganze Stadt scheint auf den Beinen zu sein. Auf der großen Bühne erschallt traditionelle Musik bis spät in die Nacht. Verkaufsstände bieten alles, was man aus Mandeln herstellen kann und auch ein leckeres Stück selbst gemachter Ziegenkäse landet in unserem Magen bzw. der Einkaufstüte.
Aber jetzt heißt es Abschied nehmen aus Tafraout. Die Verlängerung hat geklappt, wenn auch das Formular wegen Formfehlern dreimal nachgebessert werden musste. Aber das ist halt auch Marokko. Am Ende zählt, dass wir noch bleiben dürfen.
Eines habe ich noch vergessen. Unsere Autoversicherung müssen wir noch verlängern, aber das erledigen wir in Agadir. Warum wir dort dann letztendlich beim Zahnarzt gelandet sind, erfahrt ihr in unserem nächsten Beitrag.