Nachdem wir in Agadir alles erledigen konnten, machen wir uns zeitig auf zu neuen Abenteuern. Für uns geht es an der Küstenstraße weiter in Richtung Norden. Unser erstes Zwischenziel ist Taghazout und im weiteren Verlauf Essaouira, so zumindest der Plan. Es sieht aus, als hätte sich der Wind gelegt. Doch dieser Zustand wird nur kurz anhalten. Das werden wir aber erst im Laufe des Vormittags feststellen. Zunächst möchten wir die Vorräte auffüllen und uns von der malerischen Westküste Marokkos verzaubern lassen.
Das Surferörtchen Taghazout
Wenn man an der Küste entlangfährt, merkt man einen deutlichen Bauboom. Jede Menge neuer Ferienanlagen schießen wie Pilze aus dem Boden. Die Strände hier sind aber auch wirklich schön und werden mit Sicherheit noch mehr Touristen anziehen.
Wir machen es schon mal vor und gehen auf eine kleine Shoppingtour durch Taghazout. Wir bleiben gleich beim ersten kleinen Lädchen hängen. Unser Teppich im Wohnmobil löst sich allmählich in seine Einzelteile auf und möchte gerne erneuert werden. Robby findet auch gleich das passende Teil und verhandelt den Preis. Auch die restlichen Kleinigkeiten sind schnell besorgt und so ziehen wir eine Stunde später weiter.
Ach das reicht, Strandurlaub ist viel schöner
Wie bereits erwähnt, hatte die Windstille nur ein kurzes Gastspiel. Im weiteren Verlauf der Strecke werden wir von einem heftigen Westwind erfasst, welcher die Fahrt auf der engen Küstenstraße zu einem Abenteuer macht. Aber der von uns angepeilte Stellplatz ist nur knapp 40 Kilometer entfernt. So landen wir am frühen Nachmittag an einem wunderschönen und dazu noch menschenleeren Strandabschnitt.
Und doch ist er nicht verlassen, denn sobald wir auf den Weg Richtung Strand abbiegen, sehen wir zwei Wauzis schwanzwedelnd zu unseren Fahrzeugen schlurfen. Sie sind zweifelsohne die ersten Straßenhunde, die wir in solch schlechtem Zustand sehen. Dementsprechend spendieren wir bei unserer Ankunft den zwei Rackern erst mal ein ordentliches Mahl und frisches Wasser.
Während die Zwei gierig futtern, genießt die Gang, also Emily, Jackson und Farah, die neu gewonnene Strandfreiheit. Es wird getobt und gespielt, bis kein Auge und vor allem kein Hund mehr trocken ist. Am Abend werden wir noch mit einen romantischen Sonnenuntergang belohnt. Schon so ein bisschen kitschig, aber schön.
Wir entscheiden uns ein paar Tage zu bleiben. Es ist relativ ruhig, auch wenn der Platz tagsüber gerne von Surfern und Tagesgästen genutzt wird. Hier können wir das erste Mal im Meer baden und aus den zwei Straßenhunden wurden plötzlich 5, die wir über die Tage mit Futter und Wasser versorgen. Sie sehen alle nicht gut aus, aber der Anruf bei der nächstgelegenen Tierschutzorganisation bringt leider nicht viel Besserung. Sie sind voll und können den Wauzis nicht helfen.
Hier muss man dann leider erkennen, dass man nicht jedem noch so armseligen Lebewesen helfen kann, auch wenn’s schwer fällt.
So fällt uns der Abschied schwerer als sonst, da wir nicht wissen, wie es den Hunden ergehen wird. Doch während wir hier waren, konnten wir beobachten, dass die Marokkaner durchaus Reste von ihrem Mittagessen den Hunden hinwerfen. Und einer fällt uns besonders auf. Er kommt mit seinem kleinen, klapprigen Renault, nur um den Hunden Brot zu bringen. Auch in Marokko gibt es Menschen mit einem Herz für Hunde, was uns für die Meute hier hoffen lässt.
In der Nähe befindet sich das Örtchen Tamri, welches für den Anbau von Bananen bekannt ist. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich jemals so leckere Früchte gegessen habe. Kein Vergleich zu den gelben Dingern, die man bei uns im Supermarkt kaufen kann. Also nehmen wir mal vier Kilo für die nächsten Tage mit und fahren am Meer entlang weiter.
Imsouane und schon wieder Fisch
Heute steht Imsouane auf dem Programm. Uns zieht es aber nicht zum Surfen, sondern eher aus niederer kulinarischer Fischgier an diesen besonders bei Anfängern beliebten Surferspot. Heute möchten wir uns noch einmal etwas Leckeres vom Grill gönnen. Auch für’s Auge hat Imsouane einiges zu bieten. Leider war der Fisch im Restaurant nicht so wie erhofft, was dazu führt, dass am Markt noch Fisch-To-Go in unserer Einkaufstasche landet.
Aber nicht nur für uns soll gesorgt sein, sondern auch an das vierbeinige Wohl denken wir natürlich. Für uns gibt es einen großen Tuna, den wir am nächsten Tag zubereiten möchten. Für die (See-)Hunde werden noch Heringe eingekauft und in weiser Voraussicht auf den Leckerbissen, nehmen wir den großen Fisch mit, ohne ihn ausnehmen zu lassen.
Der weitere Weg führt uns ab sofort wieder über unbefestigte Straßen an der Küste entlang. Für unseren heutigen Übernachtungsplatz haben wir nur einen groben Plan. Na mal sehen, was wir finden.
Pistenspaß und der “Notplatz”
Die Straßen werden wieder einsamer, staubiger und vor allem holpriger. Wir verlassen Imsouane in Richtung Norden und biegen links auf die P2201 ab. Die Straße schlängelt sich an der Steilküste entlang und zeigt uns nochmal eindringlich, was Marokko landschaftlich so kann, auch wenn es mit einem Schlafplatz aktuell noch etwas mager aussieht.
So ist es etwa 15 Uhr, als wir uns spontan entscheiden, den Weg Richtung Strand zu nehmen, denn laut Google Maps steht da unten nur eine Hütte. Das klingt vielversprechend. Die Anfahrt ist allerdings ziemlich spannend. Rechts geht es nicht nur steil einige hundert Meter die Klippe runter, die Straße ist auch noch ein Stück unterhöhlt – ja da schlägt das Herz dann durchaus mal schneller, vor allen Dingen bei Robby.
Wir kommen unten am ausgewählten Fleckchen an und Debbi, die ein paar Minuten vor uns unten ist, hat bereits die Lage geklärt. Schlafen für eine Nacht ist theoretisch möglich, allerdings steht hier bereits ein Schweizer VW Bus – wo die Insassen sind entzieht sich unserer Kenntnis. Und der Platz ist unglaublich schief.
Wir lassen also erstmal die Hunde raus, gehen am schönen Strand spazieren und überlegen uns währenddessen, dass wir lieber weiterziehen.
So war dieser Abschnitt einfach etwas Spannendes für zwischendurch. Weiter geht es auf der Klippe an der Küste entlang, doch weit und breit kein Platz den man mal ansteuern könnte.
Doch was ist das? Hinter ein paar Bäumen ist ein Platz an den Klippen. Hier könnte man doch stehen. So zur Not geht das schon für eine Nacht, oder auch länger?
Ich glaube, wir hatten schon schlechtere Plätze. Am Ende ist es hier so schön, dass wir am nächsten Tag auch noch bleiben. Streß haben wir schließlich keinen. Außerdem müssen wir ja auch unseren gekauften Fisch verarbeiten. Ach ja, da muss ich von gestern Abend noch was erzählen.
“Ich hatte ja erzählt, dass wir den Fisch extra nicht haben ausnehmen lassen, da die Hunde sich ja bestimmt über diese Leckerei freuen würden. So nehme ich den Fisch also selber aus, sammle die Innereien, um sie dann in drei Portionen aufzuteilen und eine davon erst mal Emily hinzustellen. Die schnüffelt mal kurz dran und dreht sich dann desinteressiert weg. Okay, das ist bei ihr nichts Ungewöhnliches und so können sich Jackson und Farah über eine größere Portion freuen. Doch auch die beiden verschmähen den Leckerbissen. Na da hätte man sich die Sauerei ja sparen können – again what learned.”
Tafedna und äh…. ja… Fisch
Am nächsten Tag folgen wir der Piste weiter in Richtung Norden. Tafedna liegt mehr oder weniger direkt auf unserem Weg. Als wir von der Serpentinenstraße aus auf das kleine Fischerörtchen blicken können, schlägt unser Herz höher. Für uns eines der malerischsten Dörfchen, die wir bisher auf unserer Küstentour entdecken konnten. Wir laufen eine kleine Runde durch’s Dorf, werden von einer kleinen Meute Hunde verfolgt, wovon es uns einer besonders angetan hatte.
Optisch ein Golden Retriever mit Dackelbeinen. Das Verhältnis von Kopf und Körper war im Verhältnis zu den Beinen einfach irgendwie unproportional. Noch dazu war er super anhänglich und einfach zum Knuddeln süß.
Da außer uns und zwei Franzosen auch kein anderer Tourist hier war, dachten wir einen kleinen Geheimtipp entdeckt zu haben, aber das änderte sich nach Mittag.
Ein Wohnmobil nach dem anderen trudelte in diesem kleinen Paradies ein, während wir in einem kleinen Fischrestaurant saßen. Hier soll es die besten Pommes in Marokko geben. Das müssen wir natürlich ausprobieren und bestellen Fisch vom Grill und der besagten, kartoffelligen Beilage. Was soll ich sagen, verdammt lecker.
Wer Kühe sehen möchte, auch der wird am Strand von Tafedna übrigens fündig.
Bei Sidi Ahmed, noch mehr Hundewelpen und Fisch
Frisch gestärkt fahren wir weiter. Über Google Maps haben wir eine Piste und einen Strand gefunden, der sehr vielversprechend aussieht. Wir folgen also weiter der Hauptpiste und biegen an besagter Stelle in Richtung Meer ab. Der Weg wird immer enger und vor allem steiler. Der Blick von oben verspricht auf jeden Fall viel Gutes.
Doch kurz vor dem Ziel wird es nochmal spannend. Eine Stromleitung hängt so tief, dass es wirklich nur cm sind die fehlen, sodass wir drunter durch passen. Als wir dann angekommen sind, begrüßt uns ein junger Marokkaner. Ihm gehört ein kleines, süßes Restaurant direkt am Strand. Unsere Frage nach einer Übernachtungsmöglichkeit bejaht er und auch eine Fischtajine wird uns für den Abend angeboten.
Was er uns nicht verraten hat: Er hatte gar keine Zutaten mehr in seinem Restaurant. Extra für uns ist er zu Fuß ins Dorf gegangen, um welche zu holen. Dafür war er bestimmt zwei Stunden unterwegs.
Wir lassen die Luft aus den Reifen und fahren auf den Strand. Ich würde sagen, einer der geilsten Plätze, den wir bisher an der Küste hatten.
Auch hier am Strand ist ein großes Hunderudel unterwegs, die ihr Revier scheinbar gut verteidigen. Sie sind auf unsere Hunde nicht so gut zu sprechen. Aber Emily kann die Wogen, zu unserer Überraschung, gut glätten und fungiert als ausgleichender Ruhepol zwischen dem hitzigen Jackson, der todesmutigen Farah und dem doch sehr territorialen Straßenhunderudel. Sie stellt sich tapfer dazwischen, wenn irgendeiner bei unseren Spaziergängen einen auf dicke Hose macht und alle kuschen brav. Noch am selben Abend wird unsere “Gang” weitestgehend toleriert und wir werden zur Gassirunde nur noch begleitet.
Während wir auf’s Abendessen wartend bei Tee vor unserem Camper saßen, kamen zwei freundliche Marokkaner zu unseren Fahrzeugen. Wie sich herausstellt, sind die beiden von der Polizei, auch wenn die getragenen karierten Hausschlappen und der Jogginganzug im ersten Moment nicht so offiziell wirken. Leider ist es normalerweise nicht erlaubt hier mit seinem Fahrzeug zu übernachten. Da wir aber Abendessen bestellt haben, und uns danach wegen der Dunkelheit nicht mehr über die enge Straße nach oben fahren trauen, wird uns eine Nacht am Strand gewährt.
Die Mamas sind weg
Hinter dem kleinen Restaurant findet Debbi fünf kleine Hundewelpen. Der Besitzer unseres Restaurants hat für sie einen kleinen Rückzugsort aus alten Matratzen, Decken und Fischernetzen neben dem Lokal gebaut. Er erzählt uns traurig, dass seit gestern Nacht die Mamas leider nicht mehr aufgetaucht sind. Er befürchtet, dass sie vielleicht tot sein könnten und er weiß nicht, was er mit den Kleinen machen soll.
So saßen wir am Abend leicht geknickt bei unserer Fischtajine und waren am überlegen, wie wir helfen können. Doch es sah alles nicht besonders rosig aus. Die Kleinen benötigen Muttermilch und können ohne nicht überleben, die ganz kleinen zumindest nicht.
Doch manchmal kommt es halt doch anders. Am nächsten Morgen waren zwei Hunde da, die wir am Tag zuvor nicht gesehen haben. Freudestrahlend kam der Restaurantbesitzer auf uns zu und sagte, dass die Hundemamas wieder da sind. Bei allen fiel die Anspannung ab und so konnten wir diesen wundervollen Platz doch noch mit einem guten Gefühl verlassen.
Essaouira
Hach ja, unser Besuch in Essaouira, wird uns wohl noch ein wenig im Gedächtnis bleiben. Weniger weil es besonders schön oder eindrücklich gewesen wäre, eher wegen der besonderen Situation für Camper, die dort übernachten wollen.
Es ist früher Nachmittag, als wir in der Stadt an der Küste landen. Schnell einen Abstecher in den Supermarkt und dann zu einem Parkplatz im Stadtzentrum, welcher uns auch als möglicher Übernachtungsplatz empfohlen wurde. Wir wollten ins pulsierende Nachtleben und so war das für uns genau richtig.
Die Stadt die keine Camper will
Als wir am Parkplatz ankommen, fahren wir erstmal versehentlich dran vorbei. Bei der zweiten Runde kriegen wir es hin und werden auch gleich von einem Marokkaner angesprochen. Er will wissen, ob wir einen Platz zum Schlafen suchen. Wir bejahen das und er gibt uns zu verstehen, dass Debbis kleiner, unauffälliger Camper hier bleiben kann, aber der große Gelbe geht auf gar keinen Fall.
So müssen wir weiterziehen und entschließen uns den Campingplatz aufzusuchen, um dann von dort aus in die Stadt zu tingeln. Doch hier stehen wir vor verschlossenen Türen. Der ehemalige Betreiber taucht kurze Zeit nach unserer Ankunft auf. Er erklärt uns, dass der Campingplatz in Essaouira geschlossen wurde. Er muss einem großen Hotelkomplex weichen.
Wo soll man denn in Essaouira übernachten?
Wir bleiben etwas ratlos zurück. Was nun?
Vorne an der Kreuzung stehen Polizisten, die die Fahrzeuge beim Einlass in die Stadt kontrollieren. Wir fragen da einfach mal, wo wir denn nun hin sollen. Debbi redet den Polizisten freundlich auf Französisch an und fragt, wo man denn in Essaouira mit dem Wohnmobil übernachten kann? Der Polizist grinst und meint, nirgendwo. Man will keine Camper mehr in der Stadt haben. Aber wir können ja auf einen der außerhalb liegenden Campingplätze oder nach Sidi Kaouki ausweichen und dann von dort aus mit dem Taxi in die Stadt fahren. Ausweichmöglichkeiten oder sonstiges gibt es nicht.
Und das wars dann auch mit dem Gespräch. Da waren wir dann einerseits ziemlich baff und andererseits auch ein wenig sauer. Diese Kombination sorgte dafür, dass wir jegliche Flexibilität in Bezug auf Taxifahren und außerhalb auf einen Campingplatz fahren verloren haben und uns beleidigt dafür entschieden:
Wenn Essaouira uns nicht will, dann fahren wir halt woanders hin.
So werden wir früher als gedacht unsere Tour durch den Atlas starten, aber dazu mehr im nächsten Bericht.