Ich weiß gar nicht so recht, wo ich anfangen soll, am besten mal von vorne. Man glaubt es kaum, aber nur 10 – 12 Wochen nachdem wir unseren Range Rover gekauft haben, ist er tatsächlich fast gänzlich durchrepariert und fahrtüchtig. Schon wochenlang fahren wir ohne Ausfälle, Kühlprobleme oder Ähnliches … warum dann nicht endlich mal eine längere Ausfahrt wagen? Dass das vorerst unsere Letzte sein würde, konnte ja keiner ahnen …
Warum nicht spontan nach Deutschland fahren?
Wir sitzen gerade im Zelt, als Stefan nachsieht, was Flüge nach Deutschland kosten, da er seinen Sandkastenfreund (zu dem er seit Kurzem wieder Kontakt hat) besuchen möchte. Da wir kurz vor den Ferien stehen, sind die Kosten mit 400 – 500 Euro pro Person ganz schön happig. Ich mache noch den Scherz und sage, da könnten wir ja fast mit dem Auto fahren.
Und wie wir halt so sind, … die Entscheidung fiel schnell und auf die Frage, wann entschieden wir uns für morgen, was in diesem Fall der 29.03. war. Wir also voller Vorfreude und maximal verschwiegen, denn für die Familie in Deutschland soll es eine Überraschung werden.
Wir kümmern uns noch um ein paar Mitbringsel für Freunde und Familie, packen schon mal das Wichtigste zusammen und dann sind wir am nächsten Morgen auch schon abreisefertig.
Mit dem Range nach Deutschland … es kann losgehen
So ist es 10.00 Uhr, als wir mit unseren gemütlichsten Klamotten unser portugiesisches Zuhause verlassen, noch etwas Olivenöl bei unserem örtlichen Gärtner besorgen und uns dann auf den Weg machen.
Der Range gleitet auf der Straße dahin, man merkt dank der Luftfederung kaum die Unebenheiten auf dem Asphalt und auch ansonsten macht es richtig Spaß, in diesem fahrenden Wohnzimmer die 2500 km Richtung Deutschland abzusitzen.
Gar kein Vergleich zum Lkw erwähnen wir während der Fahrt mehrfach. Auch mit angeschlossenem Diagnosegerät fahren wir eine Weile, um zu sehen, wie sich der Range bei seiner ersten großen Ausfahrt so macht und ob uns etwas Seltsames auffällt. Wir rechnen mittlerweile ja mit allem … oder sollte ich besser sage fast allem? Denn was dann kurz nach der Grenze in Frankreich passierte, damit haben wir nicht gerechnet.
Die erste Panne in unserem Leben … mit was auch sonst, außer mit unserem Range?
Wir machen einen Fahrerwechsel, kurz nachdem wir die französische Grenze überquert und 800 km hinter uns gebracht hatten, damit ich auch mal in den Genuss komme und die “B****” ein wenig fahren kann. Also umsteigen, Tempomat auf 110 und wieder zurück auf die französische Autobahn.
Wir sind 20 km vor Bayonne, als ich plötzlich ein Geräusch und ein komisches Ruckeln wahrnehme, als wären wir über eine Bodenwelle gefahren o. Ä.. Beim nächsten Blick fällt mir auf, dass das Motorsymbol leuchtet und der Motor offensichtlich auch ausgegangen ist.
Zum Glück sind wir auf der rechten Fahrspur und ich kann den Range auf den Seitenstreifen bugsieren.
Wir sehen uns ratlos an und versuchen den Motor noch mal zu starten. Hier hören wir bereits, dass es klingt als würde der Motor durchdrehen. Doch dazu später, erst mal müssen wir von der Autobahn weg.
Was tun bei einer Panne auf der französischen Autobahn?
Tja, was soll ich sagen? Nachdem wir unser Fahrzeug verlassen haben, welches ich glücklicherweise unter einer Unterführung mit Aufgang nach oben parken konnte, machte ich mich ans Telefon.
Zuerst rief ich die 112 an und von dort wurde ich dann zum Abschleppunternehmen in Frankreich verbunden. Der Herr am Telefon war supernett und wir konnten nach Übermittlung von Kennzeichen und dem Ort, an dem wir standen, nur noch auf den Abschleppdienst warten.
Es dauert 30 Minuten, bis ein Abschleppwagen kam, der allerdings schon ein Auto geladen hatte. Der nette junge Fahrer sprach zwar nur Französisch, aber wir konnten ihn so weit verstehen, dass er uns nicht aufladen kann, aber mit uns zusammen auf seinen Kollegen wartet.
Dieser kam einige Minuten später und zu unserem Glück war es ein Portugiese, der wohl mittlerweile in Frankreich lebt. Da wir Portugiesisch lernen und uns mittlerweile auch rudimentär verständigen können, konnten wir uns mit ihm wenigstens etwas austauschen.
So sind wir noch nie abgeschleppt worden
Er teilte uns mit, dass wir in den Range einsteigen sollen. Nach anfänglicher Verwirrung taten wir genau das und wurden dann mit unserem Pannenfahrzeug zusammen auf das Abschleppfahrzeug gezogen und sollten während der Fahrt im Inneren sitzen bleiben.
Wir wurden ein Stück auf der Autobahn transportiert, bevor wir zu einem Autobahnparkplatz einbogen und dann durch den “Sauf-Service” auf die Landstraße fuhren. Innerhalb von 10 Minuten waren wir dann auf dem Hof des Abschleppunternehmens angekommen und konnten einen ersten tieferen Blick in den Motorraum werfen.
Schnell konnte Stefan die Misere erkennen … nach dem Öffnen des Öldeckels der Motorabdeckung war keine Steuerkette mehr zu sehen und auch ein wenig Öl an der Lichtmaschine. Offensichtlich scheint diese also während der Fahrt gerissen zu sein …. naja immerhin haben wir den Motor ja auch als einziges Bauteil nicht überarbeitet.
Wir brauchen ein Taxi und ein Hotel in Bayonne
Der Portugiese vom Abschleppunternehmen kommunizierte noch mit einem Ansprechpartner unserer Autoversicherung, welche uns am Telefon schon mitteilte, dass sie für den Rücktransport unter bestimmten Umständen aufkommen würden. Außerdem besorgen sie uns ein Taxi und ein Hotel und bringen uns und unser Fahrzeug wahlweise nach Deutschland oder Portugal zurück.
Ich muss gestehen, das hatten wir anfangs gar nicht so wirklich überrissen.
Wir machten noch Witze mit den Jungs vom Abschleppunternehmen, schenkten ihnen eine Flasche Ginja (portugiesischer Kirschlikör), der eigentlich für meine Mama gedacht war und räumten unser Fahrzeug aus. Zu diesem Zeitpunkt war es noch hell und ca. 18.00 Uhr.
Nachdem wir unsere Sachen notdürftig gepackt hatten, wir waren nämlich nur mit großen Ikea-Taschen usw. unterwegs, nahmen wir vor dem Abschleppunternehmen auf einer Bank platz und die Jungs öffneten uns noch einen klimatisierten Raum mit Toilette.
Hier durften wir warten bis das Taxi kommt.
Wenn das Hotel nicht existiert
Es ist knapp 22.00 Uhr als endlich ein Taxi um die Ecke biegt und uns nach Bayonne fährt.
Doch als wir schon in etwa an unserem Ziel sein müssten merkten wir, dass die Taxifahrerin ein wenig verwirrt war. Sie wusste nur das Mercure-Hotel, aber nicht welches, denn offensichtlich gibt es im Ort mehrere. Also fuhren wir ein Hotel an, ich ging rein um nachzufragen, ob es eine Buchung für uns gibt und die Dame fing an zu telefonieren. Sie bestätigte die Buchung für das Hotel Plaza und ich war froh, dass wir nun endlich zu unserem Hotel gelangen würden. Der Tag steckte uns doch ziemlich in den Knochen.
Doch auch mit dem Hotel Plaza konnte die Taxifahrerin nicht wirklich viel anfangen. Am Ende war es einiges an hin und her bis wir dann vor dem richtigen Hotel standen.
Im Nachhinein erfuhren wir auch, wo das Problem war. Das Hotel hatte an diesem Tag erst eröffnet, also stand nur der Name Plaza angeschrieben, aber das Mercure fehlte noch. Auch bei Google war das Hotel logischerweise noch nicht zu finden.
Ach egal, Ende gut alles gut. Es ist 23 Uhr als wir einchecken und noch die frische Wandfarbe riechen können. Da wir kaum was gegessen hatten frage ich die Dame an der Rezeption noch nach einer Kleinigkeit zu essen. Sie weiß zwar nicht, wo wir was kriegen, besorgt uns aber vom Frühstücksbuffet Sachen, die wir mit aufs Zimmer nehmen durften … was für ein Service.
Gute Nacht … wir sind dann mal weg
Nachdem alles erledigt war, wartete die Versicherung nur noch auf Rückmeldung von uns, wie wir nach Hause kommen wollen. Sie würden uns einen Flug buchen. Bei dem was wir an Gepäck dabei hatten, welches so ganz und gar nicht flugtauglich war, erbaten wir uns ein wenig Bedenkzeit, wie wir das mit dem Gepäck lösen können.
Wir hatten die Idee, am nächsten Morgen in Bayonne irgendwo ein paar Rucksäcke zu besorgen, um unseren Kram dann für einen Flug verpackt zu kriegen.
So legten wir uns ins sehr gemütliche Bett und hatten eine kurze Nacht, bevor es am nächsten Morgen weiterging.
Ein Hotel in wunderschöner Lage direkt am Meer
Am nächsten Morgen stehen wir um 07.30 Uhr auf und gehen erst mal frühstücken. Als wir in den Frühstücksraum kommen müssen wir bei Blick aus dem Fenster feststellen, dass wir direkt am Meer sind. Das hatten wir in der Nacht zuvor gar nicht gesehen.
Wir genießen ein leckeres Frühstück bevor wir wieder in unser Zimmer gehen und ich in der Warteschlange der Hotline unserer Versicherung Platz nehme.
Nach unerwartet kurzer Zeit habe ich den passenden Ansprechpartner am Telefon. Ich hatte vorab schon ein wenig recherchiert und herausgefunden, dass ein Mietwagen von San Sebastián nach Badajoz gar nicht so teuer wäre und somit vielleicht auch eine Lösung? Anfangs war die Versicherung davon nicht begeistert, da sie von mieten in Frankreich und abgeben in Portugal ausgegangen waren, was natürlich unverhältnismäßig teuer wäre.
Auf den Plan uns nach Badajoz fahren zu lassen, ließen sie sich ein und so warteten wir um 10.30 Uhr vor unserem Hotel auf den Fahrer, der uns nach San Sebastián zum Flughafen bringen würde, um dort unseren Mietwagen abzuholen.
Rückfahrt mit dem Mietwagen
Ich kann gar nicht sagen, wie erleichtert ich war, dass wir fahren können und nicht fliegen müssen. Auch wenn das wesentlich länger dauert. Das ranzigste Taxi ever in meinem Leben holt uns vor dem Hotel ab und bringt uns in Taxifahrermanier mit maximaler Unterschreitung des Mindestabstands und spritziger Geschwindigkeit auf der französischen Autobahn nach Spanien.
Stefan wartet am Flughafen draußen mit unseren Sachen, während ich den Mietwagen klarmachen möchte. Auf die Frage, ob die Dame am Schalter Englisch spricht, bekam ich die patzige Antwort “No” und mehr nicht. Da auch meine Nerven heute nicht mehr die besten sind, drehe ich mich einfach um und gehe wieder zu Stefan, um mein Handy zu holen und die Hilfe meines Übersetzers zu nutzen.
Als ich mit Stefan zusammen zurückkomme und der Dame auf Spanisch zeige, dass wir über unsere Versicherung eine Reservierung haben, spricht sie auf ein mal perfektes Englisch und spricht nett und freundlich mit uns. Ok, so geht’s also auch.
Ein Roadtrip der ist lustig … wenn auch wieder zurück nach Portugal
Die Rückfahrt nach Portugal ist dann relativ ereignislos. Wir wechseln uns beim Fahren ab und schaffen es zeitlich nicht mehr rechtzeitig nach Badajoz. Also fahren wir direkt zu uns nach Hause und bringen das Fahrzeug dann am nächsten Morgen nach Spanien. So weit ist Badajoz von uns ja nicht weg und so können wir das am nächsten Tag erledigen.
So gönnen wir uns nach der Rückgabe noch ein ausgiebiges Spanische-Lebensmittel-Shopping im Hipercor in Badajoz, bevor wir wieder zurückfahren.
Ist das alles wirklich passiert?
Nachdem wir zurück waren und erst mal nichts mehr zu tun war, außer auf unseren Range zu warten, konnten wir erst mal realisieren, was eigentlich in den letzten 48 h alles passiert ist.
Zuerst sind wir mal unfassbar dankbar für unsere Autoversicherung bei der Zurich (keine Werbung, Empfehlung in Portugal weil unfassbare Leistungen). Die haben wirklich alles für uns übernommen, vom Transport zu Hotel und Flughafen bis über Hotel und hin zum Rücktransport unseres Fahrzeugs nach Portugal. Das hatten wir nicht erwartet, aber da es in Portugal wohl keinen Automobilclub in dem Sinn gibt, wird das von den Versicherungen übernommen.
So ist uns außer einem verpatzten Deutschlandbesuch zum Glück kein größerer Schaden entstanden … bis auf den kaputten Range natürlich …
Der Range ist wieder da … doch was nun?
Es dauerte knappe drei Wochen, als mein Telefon morgens klingelt und ein netter Portugiese mir sagt, dass er einen Range Rover für uns hätte und ihn in zwei Stunden anliefern würde.
Eigentlich müssten wir dieses Fahrzeug ja mittlerweile abgrundtief hassen … warum dem nicht so ist, kann ich nicht sagen. Aber allein mein Grinsen im Gesicht als er da auf diesem riesigen Hänger angefahren kam … mehr brauche ich dazu wohl nicht sagen.
Stand der Dinge ist aktuell, dass wir einen Range mit Motorschaden bzw. gerissener Steuerkette haben. Diese scheint beim Reissen auch einen Riss im Block verursacht zu haben, was wir bei genauere Untersuchung bei uns im Dorf erkennen konnten. Die Ölflecken auf der Lichtmaschine ließen das schon in Frankreich erahnen, doch da hatten wir nicht genug Zeit einen genauen Blick auf den Schaden zu werfen.
Allerdings hatten wir bis zum Rücktransport unseres Ranges schon genug Zeit uns Gedanken zu machen, was wir tun wollen und haben entschieden, dass wir erst mal den Kopf runter machen und einen Blick ins Innerste werfen, bevor wir eine Entscheidung treffen.